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Forschende der Technischen Universität München entwickeln künstlichen Mini-Motor

© TU München/Astrid Eckert

Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben einen künstlichen Motor auf supramolekularer Ebene entwickelt. Der synthetische Mini-Motor kann eine enorme Kraft entfalten und soll in der Medizin eingesetzt werden. Vorbild waren Bakterien: erstmals wird auf supramolekularer Ebene chemische Energie in Rotationsenergie umgewandelt.

Bisher war die Umwandlung von chemischer Energie in Rotationsenergie auf supramolekularer Ebene, also bei kleinen Objekten, die aus mehr als einem Molekül bestehen, nur aus der Biologie bekannt. Urbakterien, sogenannte Archaea, nutzen den chemischen Treibstoff ATP, um ihre winzigen flossenartigen Fortbewegungsorgane, die Flagellen, zu rotieren und sich so fortzubewegen. Synthetische Nachbildungen dieses Prozesses gab es bisher nicht.

Ein Team um Brigitte und Christine Kriebisch sowie Job Boekhoven, Professor für Supramolekulare Chemie, entwickelte Bänder aus Peptiden, die wenige Mikrometer lang und nur wenige Nanometer breit sind. Bei Zugabe von chemischem Treibstoff gewinnen sie an Struktur und rollen sich zu kleinen Röhren zusammen, wodurch sie beginnen, sich wie ein Aufziehmotor zu drehen. Dieser Vorgang kann sogar live unter dem Mikroskop beobachtet werden.

Bei Energiezufuhr richtet sich dieses Band aus, bewegt sich wie eine kleine Flosse und kann dadurch Objekte anschieben. Die Energie dafür kommt erstmals von einem chemischen Treibstoff. Die Forschenden entdeckten außerdem, dass sie die Rotationsgeschwindigkeit der Bänder durch die Menge des zugeführten Treibstoffs steuern können. Zudem lässt sich die Rotationsrichtung – im oder gegen den Uhrzeigersinn – durch die Struktur der Molekülbausteine der Bänder beeinflussen.

Gemeinsam mit Prof. Matthias Rief, TUM-Professor für Molekulare Biophysik, der an modernsten optischen Messmethoden arbeitet, stellten die Forschenden fest, dass die Bänder genug Kraft auf ihre Umgebung ausüben, um mikrometergroße Objekte zu bewegen. Die Bestimmung der Kraft ist eines der wichtigsten Ergebnisse für eine praktische Nutzung.

Die neue Entwicklung könnte in Zukunft etwa in Nanorobotern zum Einsatz kommen, die beispielsweise durch Blutbahnen schwimmen, um Tumorzellen aufzuspüren oder für medizinische Anwendungen, wie den Transport von Medikamenten im Körper, eingesetzt werden. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachmagazin Chem veröffentlicht.