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Forschende der Universität Würzburg entwickeln chemisches Werkzeug für die Infektionsforschung

Mit trifunktionellem Sphingomyelin (TFSM) lassen sich Chlamydien-Inklusionen bei Infektionen menschlicher Zellen sowie das native Sphingomyelin-Derivat in nicht-infektiösen Chlamydien-Partikeln (größere gelbe Ovale) und das metabolisierte Derivat (kleine grüne Punkte) in infektiösen Chlamydien-Partikeln mikroskopisch nachweisen. © Jürgen Seibel / Universität Würzburg

Forschende der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und Berlin haben neue Moleküle zur Visualisierung des Sphingomyelin-Stoffwechsels entwickelt, dessen Störung mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht wird.  Ziel ist es, mit dem neuen chemischen Werkzeug anti-infektiöse oder immuntherapeutische Strategien für die Medikamentenentwicklung zu identifizieren und Infektionskrankheiten zu bekämpfen.

Bei den neuen Molekülen handelt es sich um trifunktionale Sphingomyeline auf Basis des Naturstoffs Sphingomyelin, der noch mit drei zusätzlichen Funktionen ausgestattet wurde. Die Herausforderung lag darin einen so hoch-funktionalisierten Naturstoff zu designen, der wie der ursprüngliche Naturstoff von dem Metabolismus erkannt und genutzt wird.

Sphingolipide sind Fettstoffe (Lipide) aus dem Gehirn. Zahlreiche Krankheiten sind auf einen gestörten Sphingolipid-Stoffwechsel im Gehirn zurückzuführen, darunter Morbus Fabry und Morbus Gaucher. Sphingolipide wurden auch mit Infektionskrankheiten in Verbindung gebracht, zum Beispiel mit Virusinfektionen wie Ebola, Masern oder Covid-19, sowie mit bakteriellen Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa oder Staphylococcus aureus, die Mittelohrentzündungen, Haut- und Lungeninfektionen und viele andere Krankheiten zur Folge haben können. 

Bei diesen Infektionen ist oft der Abbau des Moleküls Sphingomyelin durch das Enzym Sphingomyelinase entscheidend. Bisher war es jedoch schwierig, die Aktivität des Enzyms zu visualisieren. Den Forschenden aus Würzburg und Berlin ist es jetzt gelungen, ein Sphingomyelin-Derivat zu entwickeln, mit dem sich die Verteilung von Sphingomyelin sowie die Aktivität der Sphingomyelinase bei Infektionsprozessen sichtbar machen lassen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Graduiertenkollegs 2581 „Metabolismus, Topologie und Kompartimentierung von membranständigen Lipid- und Signalkomponenten bei Infektionen“ testeten die Funktion der von ihnen neu entwickelten Moleküle, indem sie etwa die Aktivität einer bakteriellen Sphingomyelinase auf der Oberfläche menschlicher Zellen bestimmten. Weiterhin visualisierten sie den Sphingomyelin-Abbau innerhalb menschlicher Zellen während einer intrazellulären Infektion von menschlichen Zellen mit Chlamydia-Bakterien. Chlamydien infizieren unter anderem den menschlichen Genitaltrakt, stehen aber auch im Verdacht, in infizierten Geweben zur Entstehung von Krebs in beizutragen.

Die Forschenden zeigten, dass der Anteil der verstoffwechselten Sphingomyelinmoleküle während der Entwicklung von nicht-infektiösen zu infektiösen Chlamydienpartikeln zunahm. Durch die Möglichkeit, diesen Infektionsprozess sichtbar zu machen, können nun neue gezielte Strategien gegen diese Infektionen entwickelt und getestet werden.