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Lasker Award für Forschung in der Optogenetik

Dieter Oesterhelt © MPG/Filser

Dieter Oesterhelt, Emeritus-Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie, erhält zusammen mit Peter Hegemann und Karl Deisseroth den Lasker Basic Medical Research Award 2021.

Der Albert-Lasker-Preis für medizinische Grundlagenforschung geht in diesem Jahr an Dieter Oesterhelt (Emeritus, Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried), Peter Hegemann (Humboldt-Universität zu Berlin) und Karl Deisseroth (Stanford University) für ihre Arbeiten über lichtempfindliche Proteine, die so genannten Opsine, und die Übertragung dieser Entdeckung auf das Gebiet der Optogenetik, die zu neuen Entdeckungen in den Neurowissenschaften geführt hat.

Die Arbeiten von Oesterhelt und seinen Kollegen waren bahnbrechend und haben auch neuen medizinischen Anwendungen den Weg geebnet. Anfang der 1970er-Jahre wies Dieter Oesterhelt Retinal in der Zellmembran des Archaebakteriums Halobacterium salinarum nach. Als Bestandteil des Proteins Rhodopsin ist Retinal in der Netzhaut der meisten Wirbeltiere, einschließlich des Menschen, am Sehvorgang beteiligt.

Lichtgetriebene Protonenpumpe

Bei dem neu entdeckten Protein handelte es sich um eine lichtgetriebene Protonenpumpe. Dabei verkörpert das Retinal gewissermaßen das Herzstück des Moleküls, das jeweils einen feinen Kanal in der Membran des Archaebakteriums bildet.

Neues Werkzeug für die Wissenschaft

40 Jahre nach Oesterhelts bahnbrechenden Arbeiten avancierten das von ihm gefundene Bakteriorhodopsin und das von seinem ehemaligen Forschungsgruppenleiter Peter Hegemann, heute Professor an der Humboldt-Universität in Berlin, in der Grünalge Chlamydomonas entdeckte Kanalrhodopsin zu neuen Werkzeugen in der Neurobiologie. Wichtige Beiträge auf diesem Gebiet hat auch der dritte Ausgezeichnete, Karl Deisseroth in Stanford, geliefert. So wurde es möglich, Neuronen und ihre Schaltkreise nicht-invasiv und mit beispielloser Auflösung zu untersuchen. Die Optogenetik, so der Name der neuen Technologie, ermöglicht es Forschenden, mittels Gentransfer die Bauanleitung für die lichtgeschalteten Proteine in Zellen einzuschleusen. Dadurch lässt sich etwa die Aktivität von Gehirnzellen kontrollieren, indem die durch die Kanäle geleiteten Ionenflüsse mit Licht an- oder abgeschaltet werden.

Nutzen für die Medizin

Die Arbeiten der drei Ausgeziechneten haben Technologien zur Untersuchung der Gehirnfunktion und Wege zum besseren Verständnis neurodegenerativer Erkrankungen und psychischer Erkrankungen ermöglicht. Und sie eröffnen erstmals auch Möglichkeiten, um eine bislang unheilbare Krankheit vielleicht zu heilen: Retinitis pigmentosa. Diese beginnt mit Defiziten beim Sehen im Dunkeln, weil die Stäbchen absterben; später verlieren die Zapfen ihre Lichtempfindlichkeit, was schließlich zur Erblindung führt.

„Hier wird deutlich, welch langen Atem Wissenschaftler brauchen, um aus einem selbstgesteckten Ziel der Grundlagenforschung eine neue Entwicklung anzuschieben“, sagt Oesterhelt. „Ich möchte nur immer wieder betonen, dass ich es für wichtig halte, für Zufälliges offen zu sein und auch dem vielleicht unbedeutend Erscheinenden nachzugehen.“ Wäre der junge Biochemiker vor 50 Jahren allen Unkenrufen zum Trotz nicht seiner Neugier gefolgt – wer weiß, ob es die bahnbrechende Technologie der Optogenetik heute überhaupt gäbe?

Die Lasker Awards gelten als wichtigster biomedizinischer Forschungspreis der USA und sind jeweils mit 250.000 US-Dollar dotiert. 95 Lasker-Preisträgerinnen und -Preisträger bekamen später auch den Nobelpreis, einschließlich der drei Max-Planck-Forscher Georges Köhler (Nobelpreis für Medizin 1984), Ernst Ruska (Nobelpreis für Physik 1986) und Christiane Nüsslein-Volhard (Nobelpreis für Medizin 1995).