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Wirkstoff macht Hoffnung auf neue Mukoviszidose-Medikamente

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Ein internationales Forschungsteam unter maßgeblicher Beteiligung eines Teams der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat einen Wirkstoff identifiziert, der sich als Ausgangspunkt für neue Medikamente gegen die Mukoviszidose eignen könnte.

Dazu haben die Forschenden mit Computerhilfe eine Datenbank mit 155 Millionen Molekülen durchforstet. Eines der Moleküle stellte sich dabei als besonders vielversprechend heraus. In Zellkultur-Experimenten bestätigte sich dieser Eindruck. Bis sich sagen lässt, ob sich der Wirkstoff auch in der Therapie bewährt, werden aber jedoch noch Jahre vergehen. Die Ergebnisse sind in der renommierten Fachzeitschrift Cell erschienen.*

Bei der Mukoviszidose funktioniert ein sogenannter Ionenkanal nicht, wie er soll. Dabei handelt es sich um ein Protein auf der Oberfläche von Zellen, die unter anderem die Lunge, die Bauchspeicheldrüse und den Verdauungstrakt auskleiden.

Das Eiweißmolekül mit dem Kürzel CFTR ist in der Zellmembran eingebettet und bildet eine Pore, die im Normalfall verschlossen ist. Auf ein molekulares Signal hin kann sich dieser Kanal jedoch öffnen, so dass Chlorid-Ionen aus der Zelle nach außen gelangen können. Diese ziehen Wasser an und sorgen so dafür, dass die Schleimhäute in Lunge und Darm ausreichend feucht bleiben.

Bei Mukoviszidose-Erkrankten ist der CFTR-Kanal defekt. Er lässt daher kaum Chlorid-Ionen durch. Dadurch wird der Schleim zähflüssig. Er kann dann die Funktion der Atemwege und Verdauungsorgane massiv beeinträchtigen, indem er die lebenswichtigen Organe geradezu „verstopft“ oder ein Abhusten stark erschwert. Inzwischen sind fast 1000 verschiedene Mutationen bekannt, die zu einer Mukoviszidose führen.

„In vielen Fällen ist es aber möglich, die CFTR-Funktion durch ein regulatorisches Molekül zumindest zum Teil wieder herzustellen“, erklärt Prof. Dr. Peter Gmeiner vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie an der FAU.

Es gibt bereits einen zugelassenen Wirkstoff namens Ivacaftor, der als regulatorisches Molekül CFTR-Funktion teilweise wieder herstellt. Er hat jedoch deutliche Nebenwirkungen und ist zudem mit Behandlungskosten von weit über 200.000 Euro pro Jahr extrem teuer. „Wir haben daher nach Molekülen gesucht, die sich eventuell als Ausgangspunkt für neue Medikamente eignen“, sagt Gmeiner.

Die Studie wurde in einer wissenschaftlichen Kooperation zwischen der Rockefeller-Universität in New York, der FAU und der University of California (San Francisco) durchgeführt. Dazu durchsuchte das Team aus San Francisco eine riesige Datenbank mit rund 155 Millionen Molekülen auf mögliche Kandidaten. Mit Hilfe von Computeralgorithmen filterten die US-Forschenden die Verbindungen heraus, die aufgrund ihrer Struktur vermutlich an dieselbe Stelle des CFTR-Kanals binden können wie Ivacaftor.

In mehreren Schritten engten sie die Zahl der potentiellen Wirkstoffe mit speziellen Methoden der Elektronenmikroskopie auf 53 ein. Gmeiners Arbeitsgruppe hat den vielversprechendsten Kandidaten als eine Art Rohling genutzt und daran weitere Verbesserungen vorgenommen. Bei dieser Arbeit vertrauten die Forschenden nicht nur auf ihre langjährige Expertise, sondern auch auf Software-Verfahren aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz. Ergebnis der internationalen Kooperation ist ein Wirkstoff, der sich eventuell als Ausgangspunkt für effektivere und nebenswirkungsärmere Medikamente eignen könnte.

Die Substanz soll nun in Mukoviszidose-Tiermodellen getestet werden, bis zu ihrem Einsatz zur Behandlung von Patientinnen und Patienten werden jedoch noch Jahre vergehen.